Trip in die Berge Zentraljavas

Um sechs Uhr in der Früh heißt es raus aus den Federn, denn bereits um sieben Uhr fahren wir los, in die Berge in Zentraljava. Bisher waren wir in Westjava. Und wir bekommen nicht mal unser leckeres Banan-Pancake-Frühstück, sondern nur Toast.
Wir reisen dekadent mit eigenem Auto, Guide und Fahrer. Das war eigentlich keine Absicht von Julia und mir, eigentlich wäre es uns etwas spartanischer lieber gewesen, aber das beruht auf einem seltsamen Missverständnis. Wir sind uns immer noch nicht ganz sicher, ob wir da komplett abgezogen wurden oder nicht. Zumindest war der Trip ziemlich teuer, ob der Preis gerechtfertigt ist, darüber zerbrechen wir uns seitdem den Kopf. Dass wir das überhaupt gemacht haben, kam so: Der Guide, mit dem wir auch den Jungletreck und den Trip in den Green Canyon gemacht haben, der auch sehr zuverlässig war und die Trips wirklich schön und sich gelohnt haben, erzählte uns von einer Drei-Tages-Tour mit zwei Übernachtungen, in die Berge bis nach Yogyakarta. Für 500.000 pro Person. Wir dachten darüber nach, fanden das günstig (das sind umgerechnet nicht mal 50 Euro pro Person) und für einen Minibus mit zwei Übernachtungen auch realistisch. Aber in der Nacht vor der Abreise meinte der Guide, als es ans Rechnung bezahlen ging – ne, ne, das sind 500 pro Person pro Tag. Wir haben erst mal ziemlich geschluckt und ihn dann vorrechnen lassen, wie er auf diese Kalkulation kommt. Dann haben wir ihn noch um 500.00 runtergehandelt, aber er meinte, dann müssten wir die teuren Eintritte in Prambanan und Borobudur selbst bezahlen. Pfff. Irgendwie wollten wir da nicht mehr absagen und wollten den Trip eigentlich auch machen. Ich denke auch, dass der Preis zwar teuer, aber einigermaßen gerechtfertigt ist. Ein komisches Gefühl, ob das Absicht von ihm war, uns im Glauben zu lassen, das würde 500.000 pro Person und nicht pro Tag pro Person kosten, bleibt trotzdem. Zumindest seine Preiskalkulation erwies sich als realistisch.

Der erste Teil der Autofahrt war eine ziemliche Katastrophe. Die Straßen in der Provinz in Westjava sind in sehr schlechtem Zustand, wir waren müde, doch an Schlaf war aufgrund des Gerumpels des Autos nicht zu denken.
Unser Fahrer Jejem und der Guide Sambas rauchen Kette, haben dabei das Fenster neben ihnen offen, was aber nichts nützt, der Qualm zieht trotzdem zu uns hinter. Außerdem ist es durch die offenen Fenster sehr laut im Auto, da der Verkehrslärm hineindringt, und die Luft schlecht, auch dadurch, dass der Autodreck und Ruß ins Auto kommt. Aber so etwas einem Indonesier verständlich zu machen, auch wegen Feinstaub– und Schadstoffbelastung, ist völlig lächerlich, die lachen einen nur aus. Das ist wahrscheinlich wie in Deutschland in den 60ern, als die Tabakindustrie verbreitet hat, Rauchen wäre überhaupt gar gar nie niemals schädlich und würde auch gar nie Krebs verursachen.
Jejem ist zudem ein Discoelectropop-Liebhaber und wir kommen in den Genuss seiner Musik. Besonders lustig ist, dass Jejem mit den Fingern, die Handballen auf dem Lenkrad, zum Takt der Musik tanzt. Wir haben unseren Fahrer nicht nur deswegen bald ins Herz geschlossen, sondern auch wegen seines Fahrstils. Jejem hupt prinzipiell immer, wenn wir um eine Kurve fahren, um andere zu warnen; wenn wir überholen, um andere zu warnen; wenn der Vordermann zu langsam ist, wenn ein Motorradfahrer zur Seite fahren soll; auch einfach mal so, wenn ihm gerade danach ist. Das sind immer so kurze, laute, anstupsend-freundliche Huper, es gibt aber auch lange, durchdringende, wütende Huper, wenn man zum Beispiel an einer grünen Ampel steht (was in Java eh schon eine Besonderheit ist, Ampeln gibt’s da eigentlich nicht, und wenn, dann sind sie rot um man beachtet das sowieso nicht; Verkehrsregeln sind hier eher so „Richtlinien“) und nicht fahren kann.
Jejem überholt prinzipiell alles und jeden, und wenn ihm dabei mal ein Fahrzeug entgegen kommt, dann hupt er laut und zieht kurz vor einem Zusammenstoß zwischen zwei Autos in deren Lücken. Nach dem Motto, sollen sie doch selber schauen, wie sie bremsen.

Jaja, unser Jejem. Der war schon ziemlich cool. Mit verspiegelter Sonnenbrille hilft er zwei blonden Westlerinnen aus dem Auto, welches so abgetönte Scheiben hat, dass man nicht mehr ins Wageninnere sehen kann.

Nach fünf Stunden und einem Besuch in einer Ziegelei mit traditioneller, harter Arbeitsweise und einem Verdienst von 500.000 Rupien pro Monat kommen wir auf dem Dieng-Plateau an, mitten in den Bergen, auf über 2500 Metern über dem Meeresspiegel.
Dort besichtigen wir als erstes die „Seven Falls“, sieben heiße Quellen, die aus dem Vulkan kommen und mit Mineralien derart angereichert sind, dass sich orangefarbene Ablagerungen bilden, auf denen dunkelgrüne Algen wachsen. Sehr hübsch:

Seven Waterfalls

Seven Waterfalls

Und hier noch einmal in groß:

 

Seven Water Falls

Seven Water Falls am Dieng Plateau

Man kann dort auch duschen…

Mineraliendusche mit den Seven Waterfalls

Mineraliendusche mit den Seven Waterfalls

Die Natur dort ist ebenfalls bezaubernd:

Engelstrompeten im Nationalpark

Engelstrompeten im Nationalpark

 

Riesenfarn

Riesenfarn

 

Riesenfarn zum Vergleich

Riesenfarn zum Vergleich

Den Abend verbringen wir in Baturraden, in einem Hotel mit heißem (ok lauwarmen) Wasser. Juchu! Und wir essen in einem schönen Restaurant; dass das Essen dort angenehm bezahlbar ist, macht den Abend noch schöner.

Am nächsten Tag sollten wir uns eigentlich um fünf treffen, um auf das Plateau zurück zu fahren und den Sonnenaufgang zu sehen. Aber unser Guide und Jejem verschlafen… Ich wecke sie auf, nachdem ich den Nachtportier rausgeklingelt habe, weil Juliaund ich natürlich keine Ahnung hatten, in welchem Zimmer die beiden schlafen. Mit einer Mischung aus verschlafen, schockiert und zu Tode erschreckt haspeln sie schnell, dass sie gleich kommen, während Julia und ich ziemlich schlecht gelaunt im Hof vor dem Auto warten. Es beginnt bereits zu dämmern. Wir schaffen es dann doch noch rechtzeitig. Während Sambas versucht, Julia einzulullen und durch lustige Gespräch wieder für schön Wetter zu sorgen, kucke ich genervt Sonnenaufgang und bin mit Absicht extrabeleidigt. Dafür lädt er uns dann zum Frühstücken ein und lässt uns mit Tee und Tempe versorgen. Und ist den ganzen restlichen Tag über (scheiß-)freundlich. Grinsgrins. Entschuldigt haben sich weder er, noch Jejem. Der Indonesier entschuldigt sich nicht. Er tut so, als wäre nichts. Nun denn.

Es geht weiter in das Landesinnere, wir besichtigen den Arjuna-Tempel, den ältesten Hindutempel auf Java, von dem allerdings bis auf die Grundmauern nicht mehr viel übrig ist. Vulkanausbrüche, Menschen, die Steine aus Ruinen und Tempeltrümmer zum Häuserbau verwenden, und der Zahn der Zeit sind Schuld daran.
Das interessante an der Gegend ist, dass der Vizepräsident dort sein Ferienhaus hat, und deswegen die Straße in hervorragendem Zustand ist.
Dann geht es weiter hinauf zu einem Krater, unterhalb eines Vulkans, aus dem kochend heißer Wasserdampf kommt, angereichert mit Schwefel. Es stinkt demnach im ganzen Tal, außerdem wird man gewarnt, sich nicht zu lange dort aufzuhalten und nicht zu nahe an den Krater zu gehen. Zum einen, weil man sich am Dampf leicht verbrühen kann, zum anderen, weil aufgrund der Wasserzirkulation der Boden ausgehöhlt wird und wegbrechen kann. Der Krater wird somit immer größer. Alle paar Wochen versetzen sie den Absperrzaun, das ist schon sehr eindrucksvoll, wie schnell das geht.

Vulkankrater mit Schwefeldämpfen

Vulkankrater mit Schwefeldämpfen

Schwefelquelle am Vulkankrater

Schwefelquelle am Vulkankrater

Kleine Miniquelllen glucksen und blubbern um den Krater herum und lassen ahnen, was da in dem Vulkan so alles brodelt…

Miniquellen rund um den Krater

Miniquellen rund um den Krater

Die Landschaft darum sieht recht verwüstet aus, ein bisschen so stelle ich mir die Mondoberfläche vor:

Landschaft um das Dieng-Plateau

Landschaft um das Dieng-Plateau

Landschaft um den Schwefelkrater

Landschaft um den Schwefelkrater

Allerdings findet man durch den Schwefel auch schöne Farbzeichnungen auf dem Boden:

Bunter Boden durch Mineralienablagerungen

Bunter Boden durch Mineralienablagerungen

 

Bunter Boden durch Mineralienablagerungen

Bunter Boden durch Mineralienablagerungen

Das Wasser, das aus dem Krater und den anderen Quellen den Berg herunterläuft, sammelt sich in dem sogenannten „Bunten See“; durch verschieden gefärbten Schlamm aufgrund unterschiedlicher Mineralien, Temperatur– und Lichteinfluss sieht der See tatsächlich bunt aus. Auf dem Bild erkennet man das leider nicht so gut:

Colour Lake, Dieng-Plateau

Colour Lake am Dieng-Plateau

Colour Lake (2), Dieng-Plateau

Colour Lake (2), Dieng-Plateau

Und jetzt beginnt unsere Odyssee durch Zentraljava. Erst verlassen wir das Gebirge auf einer hohen Passstraße, hier ein paar Bilder des imposanten Blickes, der sich uns bot:

Ausblick vom Dieng-Plateau ins Tal

Ausblick vom Dieng-Plateau ins Tal

Ausblick vom Dieng-Plateau (2)

Ausblick vom Dieng-Plateau (2)

 

Unser Roadtrip führt uns kreuz und quer durch Java, da einige Straßen zwecks Renovierung gesperrt sind. Zwischendurch haben wir das Gefühl, dass weder Jejem, noch Sambas so genau wissen, wo es denn hingehen soll. Abenteuer-Endzeitstimmung kommt auf.
Irgendwann abends, es ist schon lange dunkel, kommen wir in einem Hotel an, das in der Nähe von Borobudur liegt. Es sieht von außen sehr schön aus, aber unser Zimmer ist komplett versifft, Julias Laken und Handtuch dreckig und fleckig. Das Essen ist teuer und schlecht, ich esse das schlimmste Chickensandwich, das ich jemals hatte. Ungetoastetes Toastbrot, unidentifizierbares rosa Gemansche, das wohl Hühnchen sein soll, ertränkt in Mayonnaise.
Wir gehen sauer in unser Zimmer und werden das Gefühl nicht los, dass Sambas uns mit dem Preis abzieht.

Am nächsten Morgen gibt es aufgrund des ekligen Bades nur eine Katzenwäsche, ich will da drin gar nicht mehr anfassen, als zwingend nötig. Igittigitt. Und nach drei Wochen Java sind wir wirklich nicht mehr zimperlich.
Dann weiter zum Borobudur-Tempel, dem größten, schönsten und allertollsten buddhistischen Tempel auf Java. Der Eintrittspreis ist mit seinen 8 Dollar stattlich, aber man bekommt auch viel dafür: Zum einen ist alles sehr gut organisiert, sehr gut, zum anderen ist der Service hervorragend: Saubere Toiletten, gepflegte Anlagen, Wasser, Tee und Kaffee gratis für die Besucher. Der Guide, den wir für Borobudur bekommen, ist sehr kompetent und nett. Er beginnt mit einer Einführung in den Buddhismus und erklärt uns allgemeines, darauf zeigt er uns die schönste Stelle, um Bilder vom Tempel zu machen. Er erklärt und die Fauna und Flora um den Tempel und seine Lage, umringt von sieben Bergen bis zum Meer, in Vogelperspektive liegt der Tempel wie eine Lotusblüte. Er erzählt uns viele Geschichten von und über den Tempel und zeigt uns die beeindruckende Anlage. Es ist wirklich sehenswert. Nur ziemlich heiß, wirklich sehr heiß. Außerdem werden wir ständig angesprochen, ob man ein Foto von/mit uns machen darf, und wenn man damit einmal anfängt, kommen alle anderen auch angelaufen, das dauert und ist nervenaufreibend. Aber Julia und ich reißen uns zusammen, denn schließlich sind die Indonesier alle ebenfalls sehr nett und zuvorkommend zu uns gewesen.

Hier seht ihr den Borobudur-Tempel ganz:

Borobudur

Borobudur

 

Caro mit Löwe und Saroong, den man sich zur Besichtigung des Tempels umbinden muss:

Löwin und Caro

Löwin und Caro

Nach einem Besuch in einer Silberfabrik, in der Glitzer-Caro natürlich zuschlagen muss (das Urlaubsbudget schmilzt und schmilzt, aber immerhin, Silber ist ja auch eine solide Geldanlage, nicht wahr), gibt es lecker Essen, danach geht es weiter. Die Silberfabrik hat sogar einen Online-Shop… Sehr gefährlich.

Wir fahren quer durch Yogyakarta, es ist heiß, dreckig und laut, eine einzige Tortur. Jejem hat schlechte Laune und fährt wie ein Irrer, es dauert alles und zieht sich, wir stehen im Stau und kommen entnervt am Prambanan-Tempel an, dem Hindutempel. Der ist auch ziemlic schön, allerdings steht von dem auch nicht mehr viel, aus den gleichen Gründen wie beim Arjuna Tempel. Aber immerhin, der Hauptkomplex ist noch einigermaßen erhalten. Unser Guide ist allerdings ein bisschen seltsam, textet uns verworren und unsystematisch und in komischem Deutsch zu, obwohl wir hin mehrmals angeboten haben, Englisch zu sprechen. Nun denn, schade. Nach einer weitschweifenden Einführung in die sprituelle Erziehung im Hinduismus, die ebenfalls ziemlich unstrukturiert ist, muss er zurück und lässt uns alleine auf dem Tempelgelände stehen. Julia und mich stört das zwar nicht besonders, aber Sambas ist stocksauer und meint, er vertraut den Guides hier vor Ort nicht mehr und schimpft vor sich hin.

Hindu-Tempel Prambanan zum Vergleich

Hindu-Tempel Prambanan zum Vergleich

Nach einem Abstecher in eine Batikfabrik, die schon ziemlich leer ist, weil wir so spät dran sind, suchen wir ein Hotel. Aber immerhin die Herstellung von Batik haben wir verstanden: Man färbt die Seide, und der Teil, der keine Farbe abbekommen soll, wird vorher mit Wachs abgedeckt. Nach jedem Färben wird das Wachs in heißem Wasser wieder herausgelöst. So entstehen Muster, Zeichnungen und Bilder. Und richtige Batik färbt somit auch nicht aus.

Wir finden ein hübsches, nettes Hotel, in dem wir uns auf Anhieb wohlfühlen. Wir verbringen noch zwei weitere Tag in Yogyakarta, an denen wir uns ein wenig erholen und wieder reisetauglich machen – Bergeweise Wäsche waschen, Einkaufen, Yogya anschauen, spazieren gehen und zur Ruhe kommen. Und überlegen, wo es als nächstes hingehen soll.

Abschließend noch ein Bild von einem lachenden Löwen aus Prambanan. Der hat deswegen so gute Laune, weil er gerade gegessen hat, hat uns der Guide erklärt.

Lachender Löwe in Prambanan

Lachender Löwe in Prambanan

Fotos aus Pangandaran

Wie man auf eine Kokospalme klettert — Foot, foot, hand, hand, up!

 

Sambas beim Klettern auf die Kokospalme

Sambas beim Klettern auf die Kokospalme

 

Wir haben außerdem viele neue Freunde gefunden:

Kinder in einem Dorf in der Nähe von Pangandaran

Kinder in einem Dorf in der Nähe von Pangandaran

Bilder vom Besuch bei einem Puppenmacher:

Geschnitzte javanische Puppenköpfe

Geschnitzte javanische Puppenköpfe

So sehen die Köpfe der Puppen aus, bevor sie angemalt und geschmückt werden mit Perlen und Stoffen. Dann werden sie mit dem restlichen Körperteilen zusammengesetzt und das Spiel kann losgehen. Ich jedenfalls fand die Puppen für das traditionelle javanische Puppenspiel faszinierend…

Caro und Handpuppe beim Puppenmacher in der Nähe von Pangandaran

Caro und Handpuppe beim Puppenmacher

Und hier noch ein Foto beim Kennenlernen und selber spielen der Gamela-Instrumente, die auch zur Begleitung des Puppenspiels verwendet werden.

Gamelan-Musik-Experimente

Gamelan-Musik-Experimente

 

Bei unserer Tour in den Green Canyon

Im Green Canyon Nationalpark

Im Green Canyon Nationalpark

Und noch ein Bild aus dem Green Canyon:

Im Green Canyon 2 - Urwald

Im Green Canyon 2

Weitere Bilder aus dem Green Canyon, leider sind die Bilder aufgrund der schlechten Lichtverhältnisse nicht berauschend:

Am Eingang zum Canyon

Am Eingang zum Canyon

 

Im Green Canyon

Im Green Canyon

Im Green Canyon 2

Im Green Canyon 2

Jaja, was hat die Caro da auf dem Arm? Ein schlafendes Katzenbaby… süß…

Miezekatzenbaby

Schlafendes Miezekatzenbaby

Große Bambis im Nationalpark… Juchu…

Reh im Nationalpark Pangandaran

Reh im Nationalpark Pangandaran

 

Bambi und Caro im Nationalpark Pangandaran

Bambi und Caro im Nationalpark Pangandaran

Riesenbaum im Nationalpark Pangandaran

Riesenbaum im Nationalpark Pangandaran

Die Rehe lassen einen ziemlich nah an sich heran. Der Rehbock zum Beispiel stand mitten im Weg und machte auch keine Anstalten, auf die Seite zu gehen. Deswegen haben wir ihn erst einmal respektvoll begutachtet und fotografiert, bis wir uns dann an ihm vorbeigequetscht haben.

Rehbock im Nationalpark

Rehbock im Nationalpark

Und noch ein paar Bilder von dem schönen Strand, den wir gefunden haben,wo auch der Affe uns erschreckt und mir die Apfelbirne geklaut hat.

Caro am Traumstrand im Nationalpark Pangandaran

Caro am Traumstrand im Nationalpark Pangandaran

 

Pangandaran

Die Tage in Pangandaran werden ziemlich entspannt. Den ersten Tag verbringen wir am Meer, das allerdings nicht besonders schön ist. Überall liegt Müll herum, bergeweise Plastik schwimmt im Meer, da vergeht es einem, Schwimmen zu gehen. Außerdem ist an den meisten Stellen die Strömung zu stark. Obwohl Pangandaran unter der Woche ein menschenleeres Kaff ist, kann man nicht ungestört am Strand entlang laufen. Es sind natürlich Welten Unterschiede zu Bali, aber auch hier wird man alle paar Minuten angesprochen, ob man nicht einen Snorkling Trip machen will oder zum Waterfall fahren möchte. Sie sagen „waterfull“, lustig.

Am Abend ist der Strand vollgestellt mit Booten, man hat manchmal Schwierigkeiten, durchzukommen. Doch ein paar kleine Paradiese haben wir entdeckt. Der Nationalpark ist nicht unbedingt sehenswert aus der Fauna-und Floraperspektive; es gibt dort Rehe, die einen relativ nah an sich heranlassen, bis auf eineinhalb Meter. Und ein paar schöne Höhlen, Tropfsteinhöhlen, die noch am Anfang ihrer Entstehung sind, das ist sehr interessant zu beobachten. In den Höhlen leben hunderte von Fledermäusen, auch teilweise ziemlich große. Es gibt dort die „Flying Foxes“, auf Deutsch nennt man die glaube ich Flughunde, die werden bis zu einem Meter Flügelspannweite lang. Die fliegen aber nur in der späten Dämmerung. Und die werden gefangen, am Strand von jungen Männern mit einer Art Lenkdrachen. Die Tiere verheddern sich darin, dann werden sie gegessen. Wenn man das Herz eines Flying Foxes ist, verleiht das große Kraft, erklärt mir ein Einheimischer. Von Natur– und Tierschutz halten die Indonesier ja allgemein nicht viel.

Im Nationalpark gibt es außerdem noch kleine Stachelschweine (mit Nachwuchs! Süß!) und Affen. Und die sind richtige Biester. Wahnsinn. Die kucken in alles rein und klauen, was nicht niet– und nagelfest ist.

Wir haben einen wunderschönen Strand entdeckt, im Nationalpark, einsam und verlassen, weißer Strand, türkises Wasser, Urwald drum herum. Der Urwald war das Problem.
Wir hatten uns nämlich gerade nach dem Schwimmen in den Schatten unter einen Baum gelegt, als plötzlich ein Affe angelatscht kommt, einen Meter groß und seelenruhig. Zielstrebig steuert er auf meinen Rucksack zu. Zuerst klaut er aus der Außentasche Taschentücher und beißt hinein, dann wirft er sie in hohem Bogen von sich, war anscheinend nichts passendes für ihn drin. Dann macht er meinen Rucksack auf und stöbert ein bisschen darin herum, bis er sich mein Mittagessen herausfischt, eine riesige Apfelbirne. Als ich versucht habe, ihn zu vertreiben, mich aufrichte und Lärm mache, richtet er sich auch auf und fletscht die Zähne. Da ist mir ein bisschen anders geworden, denn der Affe ist sehr aggressiv geworden und sah so aus, als würde er gleich auf Julia und mich losgehen. Sprungbereit und mit gefletschten Zähnen starrt er uns böse an. Wir weichen respektvoll zurück, und Julia flippt aus. Affenbisse sind das letzte, was in einem Nationalpark am Rand des Nirgendwo Spaß machen. Wir packen unsere Sachen zusammen und flüchten.
Eine halbe Stunde später an einem anderen Strand im Nationalpark, lernen wir, mit den Affen umzugehen. Denn dieser Strand ist voller Affen. Dutzende Horden sitzen am Strand, stöbern in den Rucksäcken und Taschen der Besucher, heben Strandmatten und Handtücher hoch und schauen darunter. Wenn einer was gefunden hat, geht das Gekreische los und sie jagen sich quer über den Strand. Nette Tiere, doch, ganz nett.
Wir lernen, die Rucksäcke an dünnen Schnüren in die Bäume zu hängen, dann haben sie mehr Mühe, dranzukommen. Und dass man nichts essbares dabei haben sollte, und dass die Affen in der Regel die Sachen nicht zu weit verschleppen. Und dass sie Abstand zu den Menschen halten, allerdings nur einen Meter. Wenn man näher kommt, rennen sie weg, meistens. Außer man erwischt einen aggressiven. Und das Problem ist, dass viele der Affen aggressiv sind, weil sie von den Besuchern gefüttert werden. Und wenn sie nichts bekommen, werden sie böse. Um die neue Nicht-Füttern-Policy durchsetzen zu können (es ist ja auch nicht sehr sinnvoll, wenn die Affen sich das vorenthaltene Essen einfach klauen), stehen am Strand Aufpasser mit langen Stöcken, die die Affen vertreiben, wenn sie zu aufdringlich werden.

Ein fantastisches Beispiel, dass man Wildtiere nicht füttern sollte, niemals. Nun gut. Der Strand wäre paradiesisch gewesen, wenn nicht die Affen gewesen wären. Und eine Sache ist noch erwähnenswert: Die Strände sind auch deswegen so weiß, weil man auf toten Korallenstücken läuft. Zentimeterhohe Schichten von Korallenstücken liegen an den Stränden. Der Tsunami, der 2006 in Pangandaran gewütet hat, hat die Riffe vor der Küste völlig zerstört. Eigentlich wurde der Nationalpark wegen den wunderbaren Riffen und zu ihrem Schutz gegründet, jetzt ist alles platter, weißer Sand im Wasser, die Riffe unwiederbringlich vernichtet. Die Einheimischen erzählen wehmütig davon, wie klar das Wasser war, und wie schon im seichten Wasser die ersten kleinen, bunten Riffe mit Tausenden von Fischen zu erkennen waren, ohne Riffe keine Fische, das bekommen die Fischer gerade schmerzlich zu spüren. Man versucht, das wieder aufzubauen und ein neues Riff anzulegen, aber das dauert hunderte Jahre. Und wer weiß, vielleicht haben die Leute vor Ort andere Probleme, als ein langweiliges, sich in der Entstehung befindendes Riff zu schützen, dann waren alle Bemühungen umsonst.

Zum Thema Tsunami lässt sich noch ergänzen, dass man in Pangandaran noch überall die Folgen des Tsunamis sehen kann. Häuserruinen, kaputte Straßen, halbfertige Neubauten, leere Grundstücke, deren Besitzer die Gegend verlassen haben. Die Bevölkerung hat sich seit dem Tsunami halbiert, aber nicht, weil so viele gestorben sind, sondern weil viele weggezogen sind. Warnschilder, in welche Richtung man laufen soll, wenn die Welle kommt, stehen überall, auch im Nationalpark. Die Welle ging bis zu einem Kilometer weit ins Landesinnere. Das ist schwer, sich das vorzustellen. Man fährt irgendwo herum und sieht die Häuserruinen und denkt, man ist meilenweit von der Küste entfernt.
Und der riesige Friedhof. 700 Menschen sind damals gestorben. Der Besitzer des Hotels, in dem wir waren, hat Geschichten erzählt von Plünderungen nach der Welle, von leergeklauten Häusern und der korrupten Armee, die selbst die Häuser ausgeräumt hat und die Bewohner nicht mehr ins Dorf ließ. Unser Guide, mit dem wir eine Tour durch den Green Canyon gemacht haben, konnte erst nach Tagen zu seinem Haus und nach seinen Angehörigen suchen, weil die Armee ihn nicht durch ließ.

Aber die Leute sind alle fröhlich und guten Mutes, schließlich kommt ein Tsunami nur alle 60 bis 100 Jahre, da haben sie jetzt erst mal Ruhe davor. So zumindest sieht man das.
Wir haben uns sehr wohl gefühlt in Pangandaran, es war ruhig und der Nationalpark an manchen Stellen ein kleines Paradies. Beispielsweise haben wir eine Tour quer durch den Dschungel gemacht, haben den Vulkan dort bestiegen und sind dann das Bachbett hinabgeklettert, bis kurz vor einen mächtigen Wasserfall. Dort bildet der Fluss kleine, sehr tiefe Pools, in denen man Schwimmen kann, in die man sogar hineinspringen kann, da sie so tief sind. Durch das Vulkangestein hat das Wasser eine weiße, milchige Farbe. Und direkt vor einem Wasserfall zu schwimmen, mit einem fantastischen Blick auf das Meer, hat einen ziemlichen Charme.

Sehr reizvoll war auch die Tour durch den zweiten Nationalpark in der Nähe, einen Flusslauf entlang durch den „Green Canyon“, der zu seinem Namen durch die Farbe des Wassers gekommen ist. Erst fährt man zwei Stunden auf einem Roller dorthin, durch Wald und Reisfelder, sehr hübsche Landschaft. Dann fährt man mit einem kleinen Boot den Fluss hinauf. Wir haben Anacondas gesehen, die im Wasser schwimmen, einen zwei Meter langen Waran, bunte Vögel und Schmetterlinge. Riesige Tausendfüßler, zwei Handflächen groß.
Irgendwann kann das Boot nicht mehr weiter fahren, dann heißt es schwimmen. Durch den Canyon, teilweise dringt nur spärlich das Sonnenlicht hindurch. Man fühlt sich wie in einer übergroßen Tropfsteinhöhle, während man sich entgegen der Strömung die Felsen hinaufkämpft. Aber das Wasser ist zur Abwechslung angenehm kühl.
Nach einer Weile erreicht man einen Stelle, von der aus man auf einen Felsen klettern und fünf Meter in die Tiefe springen kann. Adrenalin pur. Ich habe dabei einen Ohrring verloren… Buhu… Aber was trage ich auch Ohrringe bei so einer Tour.
Weiter den Canyon entlang, schwimmen, tauchen, Felsen klettern, am Abend danach waren wir völlig fertig. Aber der Canyon ist unglaublich schön, sehr eindrucksvoll. Ein tolles Erlebnis.

Danach geht es in ein kleines Fischerdorf namens Batukaras, idyllisch gelegen und verschlafen. Julia hat es dort vor allem auch wegen den vielen Surfern gefallen. Wir wären beide gerne länger dort geblieben, der Strand ist schöner und ruhiger als in Pangandaran, das Dorf ruhig und kaum touristisch, es gibt dort lecker Gambas..
Dann fängt es an zu Regnen, und, Regenzeit-typisch, es schüttet„ als wäre der Himmel aufgerissen worden. Nachdem es drei Stunden lang nicht aufhört, müssen wir irgendwann durch den Regen mit Motorrädern zurückfahren. Ich bin nach etwa zwanzig Sekunden klatschnass, der Regen prasselt uns ins Gesicht und ich friere zum ersten Mal in Indonesien. Zwei Stunden hat der Rückweg gedauert, es war eine Tortur. Danach waren Julia und ich durchgefroren und haben uns das wärmste angezogen, was wir hatten und sind gleich ins Bett gegangen. Aber ich bin nicht krank geworden, immerhin.

Am 4. März verlassen wir Pangandaran wieder, um einen Trip in die Berge zu machen. Der war lustig, davon erzähle ich ein anderes Mal.

Bandung II und Weg nach Pangandaran

Wir bleiben noch einen weiteren Tag in Bandung und schauen uns zu Fuß die Stadt an. Bandung ist für Indonesier die Shopping– und Modehochburg, wir bekommen davon ein bisschen etwas mit in der Innenstadt. Besonders schön ist die Stadt ansonsten leider nicht, sogar ziemlich langweilig. Ich lerne allerdings, dass es hier üblich ist, auf die leckeren Fruchstückchen im Obstsalat Mayo-Dressing daraufzugeben. Uah.
Man kann hier aber für wenig Geld relativ gut essen, und die Preise werden auch, im Vergleich zu Jakarta und Bogor, immer günstiger, je weiter wir nach Zentraljava kommen.

Am nächsten Morgen geht es in der Früh weiter nach Pangandaran, das angeblich schönste Strandgebiet in Java. Angeblich. Zum Thema Probleme in Indonesien, die mir aufgefallen sind, wird es noch einen eigenen Tagebucheintrag geben.
Die Fahrt nach Pangandaran schwankt zwischen lustig und katastrophal, denn der Bus ist ziemlich alt und durchgerostet. Federung? Von wegen. Die Straßen in Westjava sind teilweise in katastrophalem Zustand, die Schlaglöcher einen halben Meter tief, doch der Bus brettert darüber hinweg, durch geschlossene Ortschaften mit 100 km/h, kein Thema. Wir werden durch den halben Bus geschleudert, es knarzt und quietscht und hört sich an, als würde gleich alles auseinanderfallen. Außerdem kann man zwischen unseren Sitzen auf die Straße schauen, die unter uns hinwegdonnert. Von ein paar Zeitungsteilen habe ich mich da schon verabschiedet, auf den Sitz gelegt, schwups und weg.

Dass der Motor extrem laut ist und man sein eigenes Wort nicht mehr versteht, geschweige denn Musik hören kann, versteht sich von selbst. Am Anfang finden wir das ganze lustig, Julia und ich würzen die Schaukelfahrt mit „Tritt drauf, Ernie!“-Rufen. Der Fahrende Ritter aus Harry Potter, ungefähr so haben wir uns gefühlt. Wie im Fünferlooping.
Und das ganze über sechs Stunden lang, immerhin aber nur für 35.000 Rupien, also etwa drei Euro. Wir waren nervlich ziemlich am Ende danach. Bei dem Lärm und vor allem dem Geruckel, bei dem man teilweise einen halben Meter hoch aus dem Sitz geschleudert wird und dann ächzend wieder zurückplumpst, ist das auch schlecht möglich.
Wir haben irgendwann nur noch unsere Sachen festgeklammert und gehofft, dass nichts aus den Rucksäcken auf den Boden oder die Sitze fällt und in den Spalten in Richtung Straße auf Nimmerwiedersehen verschwindet.
Und das ganze sechs Stunden lang. Alle Stunde etwa halten wir in irgendeinem Kaff, dann schleusen sich zwanzig Leute durch den engen Bus, um dir alles mögliche anzudrehen: Erdnüsse, Obst und Kekse, Wasser, Comics (es hat sie gar nicht gestört, dass ich kein Indonesisch spreche und damit mit Indonesischen Comics nicht besonders viel anfangen kann…), Kassetten (ja, genau, diese alten Teile), Tiere. Und eine Schwung Musikanten versüßt uns auch jedes Mal die Pause; eine Mitreisender meint, dass das faszinierende ist, dass Asiaten, wenn sie nicht singen können, nur noch umso lauter singen, und dabei einen Heidenspaß haben.
Bitte nicht falsch verstehen, wir hatten auch einen Heidenspaß mit denen, aber einmal, vielleicht zwei Mal, wenn man sechs Stunden lang von hartnäckigen Gitarristen mit Tonhöhen-Hörproblem und Drei-Akkord-Geklampfe belästigt wird, reicht es irgendwann. Wirklich.

Völlig fertig erreichen wir am späten Nachmittag Pangandaran, es ist unglaublich heiß. Wir laufen in der prallen Sonne den Ort entlang, auf der Suche nach einem Hotel. Man ist ziemlich beschäftigt, die ganzen Otek-Fahrer abzuwimmeln, die einen unbedingt in ein Hotel fahren wollen, weil sie eine mächtige Kommission dafür kassieren. Es ist kompliziert, ihnen mit hochrotem Kopf, saftigen Augenringen und einem vollgestopften, 15-Kilo-Rucksack auf dem Rücken klarzumachen, dass man bei 40 Grad doch lieber laufen möchte, das könnt ihr mir glauben.

Wir finden dann auf Empfehlung eines Schweizer Ehepaares ein ganz putziges, sehr spartanisches Hotel namens Komodo Island. Der Besitzer ist Deutscher Backpacker der Alten Schule und plaudert aus dem Nähkästchen, wir erfahren viele interessante Dinge über Java und Bali.
Und das Hotel ist endlich mal günstig, nachdem wir das völlig überteuerte in Badung hatten, das Herry uns ausgesucht hat und gegen das wir uns leider nicht wehren konnten. 38 Dollar für ein Minizimmer mit siffigem Bad und kaputter Klimaanlage, zum Frühstück zwei Scheiben Toast mit Marmelade und ein Glas Tee, das wars. Für 38 Euro bekommt man in Europa eine luxuriöse Jugendherberge, mindestens. Aber naja.
Jetzt haben wir Glück, das Zimmer entspricht unseren Ansprüchen (sauberes Bad, Bettdecke ohne komische Flecken, keine Wanzen und nur eine fette Kakerlake im Schrank, Fan), zum Frühstück gibt es Pfannkuchen mit Schokosauce und einer ganzen Banane innen drin! Und Kaffee und Tee so viel man mag, juchu!

Nun beginnen fünf (relativ) entspannte Tage am Meer. Vorher entrußen wir allerdings noch unseren Rucksack und uns selber. Ich habe von der Busfahrt in dem alten Knatterbus schwarze Schichten von Dreck auf meiner Haut und meiner Kleidung, Verfärbungen unter den Fingernägeln, die erst nach Tagen wieder weggehen, und die Dosis an Feinstaubbelastungen für fünf Jahre in sechs Stunden abbekommen. Kennt jemand die Kinder von Bullerbü, wie sie an der Straßen tanzen und über den „herrlichen Staub“ jubeln, der auffliegt, wenn Autos vorbeifahren? Und wie sie danach einen Wettstreit austragen, wer schwärzer (Verzeihung) Rotzen kann? Ja?
Ungefähr so.

Indonesien-Update II

Mittlerweile sind wir in Padang Bai angekommen, im Süden von Bali. Ich habe wieder für zwei Tage Internet, wenn auch schleichend langsames, und außerdem regnet es viel, sodass es wieder Tagebucheinträge gibt und Fotos… Nach und nach, versteht sich. Viel Vergnügen beim Lesen wünscht euch

Eure Caro

Bogor-Besuch und Fahrt nach Bandung

An unserem letzten Abend in Bogor hat Rochim Gäste eingeladen, einen seiner Brüder mit seiner Frau und zwei seiner Nichten. Eine der Nichten, Oktariza, studiert in Wien das gleiche wie ich und spricht sehr gut Deutsch, wir unterhalten uns fantastisch mit ihr.
Endlich können wir jemanden mit unseren Fragen über Indonesier bombardieren, der uns das nicht übel nimmt. Sie findet es glaube ich sogar ziemlich lustig, jedenfalls lacht sie über jede Frage. Und sie meint, dass alles nicht so schlimm ist, selbst wenn wir einen Fehler machen, denn den Indonesiern ist bewusst, dass bei uns in Deutschland manches anders läuft und nehmen es uns nicht übel, wenn wir uns für ihre Maßstäbe falsch verhalten. Ein paar Mitglieder der Familie waren sogar schon einmal in Deutschland.

Es wird ein lustiger Abend, es gibt wieder gutes Essen, die Kinder toben herum und wollen nicht ins Bett, wie deutsche Kinder auch, die Stimmung ist etwas gelöster und gut.

Am nächsten Morgen fahren wir mit dem Bus nach Bandung. Rochim bringt uns mit einem Auto und Fahrer, das Oktariza gemietet hat, zu dem Busbahnhof. Bahnhof ist zu viel gesagt, ein größerer Platz zwischen Bretterbuden, nicht betonniert. Wir steigen in den Bus, und das erste, was uns auffällt, ist neben der Klimaanlage der Fernseher, der vorne im Bus hängt, und ziemlich laut vor sich hin quäkt. In Indonesien hängen überall diese nervenden Fernsehbildschirme, im Kaufhaus, im Café, im Restaurant, im Bus, in Hotellobbies. Meist ist der Ton viel zu laut, das Bild schlecht und verrauscht, und alle fünf Minuten kommt Werbung.
Glücklicherweise ist der Empfang des Geräts, als wir Bogor verlassen, bald so schlecht, dass der Fahrer den Fernseher von alleine ausschaltet.

Die Fahrt nach Bandung geht durch grüne Täler und immer bergigeres Gelände. Felsen sieht man auf Java allerdings nicht, jeder Zentimeter ist mit Pflanzen und Farnen bewachsen. Die Fahrt verläuft zudem relativ entspannt, der Bus ist neu und gut gefedert, man kann sich unterhalten und sogar einigermaßen Musik hören.

Kurz vor Bandung bekommen wir von Herry, bei dem wir in Bandung bleiben werden, eine SMS, dass viel Stau ist und wir vorher aussteigen sollen. Wir versuchen das, dem Fahrer klar zu machen, es klappt nicht; Herry ruft an und spricht übers Telefon mit dem Assisstant Driver, der versteht nun, was wir möchten. Allerdings lacht jetzt auch der ganze Bus über uns. Es ist ziemlich lustig, wie sie anschließend uns und unser Gepäck aus dem Bus hieven, lachen und fröhlich winken. Die sind immer gut gelaunt hier.

Herry und seine Frau Henni holen uns mit dem Auto ab, sie haben im Gegensatz zu Rochim, der noch auf eines spart, ein eigenes.
Und was für eines. Einen schwarzen, großen Geländewagen von Honda, mit nachtschwarz verdunkelten Scheiben und Allradantrieb. „Its a very special car in Indonesia, there are not much more“, erklärt Herry stolz. Wir fahren los, in eine neue Siedlung, eine Art neue Stadt, die am Reißbrett geplant wurde und seitdem nach und nach gebaut wird. Kurz vor ihrem „Cluster“, so nennt man eines der Viertel, die jeweils umzäunt und von Securities gewacht sind, halten wir kurz an und Essen eine Kleinigkeit zu Mittag. Traditionelles Essen aus Java, ich teste mich vorsichtig durch, sehr vorsichtig. Der Nachtisch ist sehr lecker, gegrillte Bananen und ein süßer Reiskuchen mit bergeweise Käse obendrauf. Das scheint man hier zu mögen, die Kombination aus süß und sauer.

Danach geht es in das „Cluster“, und wir kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Beim Passieren der Securities müssen wir alle Scheiben des Autos herunterlassen, damit man sieht, wer alles im Auto sitzt. Dann wird eine Karte von Herry und seine Autonummer gescannt, erst dann dürfen wir hinein.
Wir fahren durch eine kleine Siedlung, die wie eine amerikanische Vorstadtsiedlung aussieht, kleine, süße Häuschen mit Balkonen und Erkern und Säulen. Hier ein Beispiel für euch:

Haus im Cluster bei Bandung

 

Die Straßen sind sehr sauber und gepflegt, ganz anders als die Straßen, die wir bisher gesehen habe

Straße im Cluster bei Bandung

 

Und überall stehen Geländewägen vor den Häusern:

Haus mit Geländewägen

 

 

Wir stauen noch mehr, als wir zu Herrys Haus kommen und es von innen sehen. Ein großzügiges, luxuriös eingerichtetes Haus mit vier Schlafzimmern, zwei Bädern, einer großen Küche, einer Art Waschküche, wieder einem Atrium-Garten mit Springbrunnen und einem großzügigen Wohnraum. Herry freut sich sehr über unser Staunen, und als wir seine Frage, ob das für Deutsche auch ein schönes und luxuriöses Haus ist, bejahen, freut er sich noch mehr.
 Juliaund ich bekommen ein pink gestrichenes und eingerichtetes Zimmer; seine Tochter Nadya wohnt hier, wenn sie nicht in der Boardingschool ist und im Haus ist, denn dieses Haus, erfahren wir, ist nur das Wochenendhaus. Eigentlich wohnt die Familie in der Nähe von Bandung.
Wir werden richtiggehend abgefüttert mit Obst und Kuchen, dann schlägt Herry uns vor, mit dem Fahrrad das „Cluster“ zu erkunden.

 Juliaund ich werden mit schicken neuen Mountainbikes ausgestattet, und einem Helm, ganz wichtig. Der Indonesier fährt zwar recht regelunkonform und schnallt sich grundsätzlich nicht an, auch Motorradfahrer tragen kaum einen Helm, aber alle Fahrradfahrer.
Wir fahren also durch die Siedlung, besonders groß ist sie nicht, und bewundern die schönen kleinen Häuser. Und dann lässt mich mein Orientierungssinn im Stich, was eigentlich nie vorkommt. Aber die Straßen sind nicht quadratisch angeordnet, wie man meinen könnte, sondern laufen teilweise leicht schräg. Und so radeln wir eine Stunde lang im Kreis herum, denn so groß ist das Cluster nicht, fahren nach und nach jede Straße ab, und finden das Haus trotzdem nicht mehr. Es beginnt leicht zu regnen, Julia bekommt schlechte Laune und stellt meinen Orientierungssinn in Frage, ich verzweifle über mich selber. Wie peinlich wäre es denn, wenn Herry uns irgendwann mit dem Auto suchen würde, weil wir nicht nach Hause kommen?
Zudem wird es dunkel, dadurch sehen die Häuser noch ähnlicher aus. Nur durch einen Zufall finde ich die richtige Straße wieder, nach einer schieren Ewigkeit. Herry und seine Frau haben mittlerweile Besuch von einem Paar bekommen, daher fällt es ihnen nicht auf, wie lange wir weg waren, sie meinen nur, dass wir sehr lang unterwegs gewesen wären und ob es uns Spaß gemacht hat.

Hat es, keine Frage. Das Fahren. Das Suchen, na ja…

Wir fahren später mit Herry in ein Restaurant und bestellen Essen zum mitnehmen, auf dem Rückweg werden wir klatschnass, da der Regen hinunterprasselt, Julia den Schirm nicht zubekommt und wir zu zweit daran herumwerkeln. Nach ein paar Sekunden sind wir nass bis auf die Haut.
Nach einem kurzen Essen und einem weiteren Besuch von zwei Familien, setzen sich alles zusammen (vor den Fernseher auf den Boden) und wir versuchen, uns zu unterhalten. Die Männer gehen mit uns weiter die Reiseroute durch und geben uns Ratschläge. Dann dürfen wir ins Bett.

Am nächsten Morgen stehen wir schon um halb sieben auf, da Herry mit uns um sieben Mountainbiken gehen will. Wir fahren los, die Sonne scheint, Nebel hängt über den Feldern, es ist wirklich schön dort.

Wir fahren zu einem nahen See, machen Fotos und lassen uns von den Locals bestaunen, dann geht es die Straße entlang, an der sich die Cluster reihen, bis zu einem Gebäude, einer Art Denkmal für die Naturwissenschaften. Dann fahren wir wieder zurück.
Als wir bei Herry zu Hause ankommen, ist weiterer Besuch eingetroffen. Julia und ich werden ausgefragt, sie sind alle sehr neugierig und sehr nett. Wir fragen uns langsam, ob neben Geländewägen und Wochenendhäusern auch westlicher Besuch ein Statussymbol ist, weil irgendwie immer Besuch da ist, wenn wir auch da sind.
Nach zwei Stunden lockerer Unterhaltung fahren wir zuerst zur Moschee und machen dort ein paar Gruppenfotos, anbei eines für euch, dann in einen Schmetterlingsgarten. Dort werden Schmetterlinge gezüchtet und fliegen frei herum, der Garten ist allerdings mit einem feinen Netz abgedeckt, damit sie nicht wegfliegen oder gefressen werden. Ich kenne bereits alle Schmetterlinge aus der Ausstellung im botanischen Garten in München, die jetzt im Moment gerade wieder ist. Aber ich sehe zum ersten Mal einen lebenden Atlasfalter. Die sind sehr groß und nachtaktiv, deswegen tagsüber sehr müde und langsam, deswegen saß er einfach so auf meiner Schulter:

Caro mit Atlasfalter

 

Nach dem Spaziergang durch den Garten trennen wir uns, Herrys Familie und wir schauen uns „Angklung“, Performing Arts einer Gruppe, die traditionelle Tänze, Gamelanmusik und dieses Angklung-Insturment spielt, an. Es ist ein schönes, kurzweiliges Programm, bunt und mit vielen Kindern, die herumwirbeln und tanzen. Wirklich schön.
Ich erstehe endlich ein Mäppchen für meinen mp3-Player, dann geht es ins Hotel, das Herry für uns ausgesucht hat. Und Bett, endlich. Nach dem Tag sind wir vollkommen erledigt.

 

Gruppenbild von Herry, seiner Familie und Bekannten in Bandung

Gruppenbild von Herry, seiner Familie und Bekannten in Bandung

 Ein kleines Gruppenbild, Julia ist verpixelt, da sie nicht erkannt werden möchte.

Bogor II

Am nächsten Morgen in der Früh wache ich noch vor dem Wecker auf, vermutlich sind das noch Nachwehen des Jetlags. Ich höre Musik und lese, mache mich fertig und wecke dann Julia zur ausgemachten Zeit. Ich gehe schon mal in den Wohnraum, weil ich draußen Geräusche höre. Mimi, die Großmutter ist da und zeigt mir den Garten im Innenhof, den wir am Abend nicht mehr anschauen konnten, da es dunkel war und stark geregnet hat. Sie haben eine kleine Orchideensammlung, die sehr hübsch in dem ansonsten noch kahlen Atrium angeordnet ist. Rochim hat uns erzählt, dass das Haus noch nicht ganz fertig ist, auch der Garten nicht.
Danach gibt es Frühstück. Itzi malt uns noch sehr liebevoll den Weg von Kebun Raya Bogor, dem botanischen Garten von Bogor wieder nach Hause auf, dann wartet das Taxi vor der Tür.

Der Fahrer fährt uns bis direkt vor den Eingang, vergisst allerdings zu schauen, ob der auf ist. Er zieht von dannen, Julia und ich stehen vor dem geschlossenen Tor. Fantastisch. Ich überzeuge Julia, dass sie einen älteren Mann in der Nähe auf Indonesisch anquatscht und ihn fragt, ob es noch einen anderen Eingang gibt. „Es gibt bestimmt keinen anderen Eingang, der Garten hat heute bestimmt zu!“ — „Julia, der Garten ist riesig, der hat mit Sicherheit noch ein paar mehr Eingänge. Und warum sollte der heute geschlossen haben? Weil Freitag ist?“ Wir führen viele solcher Dialoge. Nun denn.

 Julia erfährt, dass der Garten auf der anderen Seite einen Haupteingang hat, und dass er selbstverständlich geöffnet ist. Ich liebe das. Wir laufen los.
Ich bereue einmal mehr, diese Badelatschen zu tragen und nicht die richtigen Trekkingschuhe, die ich für lange Spaziergänge durch Großstadtdreck und über kaputte Gehwege vorsorglich eingepackt habe. Aber alle Backpacker tragen Flipflops. Backpacker werden mir bald noch ziemlich auf die Nerven gehen. Ich bin kein Backpacker-Typ, ich erwähne es gleich.

Kebun Raya Bogor ist ein fantastischer Garten, riesengroß (87 Hektar) und traumhaft angelegt, mit Seen und Flüssen, mit Springbrunnen und Palmen und dazwischen kleinen anderen Gärten und Gewächshäusern. Ein kleines Paradies. Seltsam nur, dass wir ständig von schweren Geländewagen mit verdunkelten Scheiben überholt werden. Wir lernen, dass man sich ein Auto mit Fahrer mieten kann, wenn man nicht so gerne den Park zu Fuß erkunden möchte, sondern lieber vom Auto aus.

Ich laufe lieber, ich bin eine dieser verrückten Deutschen, die auch auf Berge steigen, nur um danach wieder herunterlaufen zu müssen.

Das Orchideenhaus ist ziemlich beeindruckend, auch die riesigen Bäume, die es dort gibt. Der Garten wurde 1817 eröffnet, einige der Bäume stammen noch aus der Zeit und sind mittlerweile über 40 Meter hoch. Anbei eine kleine Auswahl an Fotos für euch:

Grünzeug in Kebun Raya Bogor

Ziemlich großes Blatt

 

Orchidee in Kebun Raya Bogor

 

Katzenmama mit Babys in Kebun Raya Bogor

Katzenmama mit Babys (Tierbabys gehen immer)

 

Orchidee in Kebun Raya

Größte Orchidee in Freiheit, die ich jemals gesehen habe

Ziemlich große Bäume in Kebun Raya Bogor

Ziemlich große Bäume in Kebun Raya Bogor

 

Caro beim Quatsch machen zwischen Wurzeln

Caro beim Quatsch machen zwischen Wurzeln

Oktopus-Palme in Kebun Raya Bogor

Oktopus-Palme in Kebun Raya Bogor

Die riesengroße Orchidee hat uns übrigens ein freundlicher Gärtner gezeigt; und er hat uns zu einer Pflanze namens „Sleeping Baby“ geführt, deren Blütenblätter tatsächlich wie ein schlafendes Kind aussehen, mit Kopf! Aber die Fotos sind nicht so gut geworden davon, deswegen verschone ich euch damit.

Nach dem ausgedehnten Spaziergang durch den Park, der immerhin sechs Stunden gedauert hat, machen wir noch einen kurzen Abstecher in ein richtiges indonesisches Einkaufszentrum. Menschen, die in Deutschland Brandschutzverordnungen durchsetzen, wären schreiend weggelaufen. Wir fanden es ziemlich lustig. Aber bald wird es uns zu viel, ständig eine Traube von Menschen anzuziehen, wenn wir irgendwo länger als zehn Sekunden stehen bleiben, außerdem sind wir müde, deswegen gehen wir wieder. Dank Itzis Zettel müssten wir eigentlich nicht herumirren, Julia will aber trotzdem tausend mal nachfragen. So eine gerade Straße herunterzulaufen, kann echt eine Herausforderung sein. Egal.
Wir finden den richtigen Bus, die Fahrt dauert etwa fünfzehn Minuten und kostet 2000 Rupien, also etwa 20 Cent. Im Bus lernen wir ein Mädchen kennen, sie fährt in das gleiche Viertel wir wir und hilft uns beim Umsteigen. Hier hätten wir tatsächlich ohne sie Hilfe benötigt, der Verkehr ist ein einziges Chaos. Wenn man einsteigen will, stellt man sich an den Straßenrand und signalisiert das dem Fahrer, wenn ein Bus kommt, Haltestellen gibt es nämlich nicht. Wenn man wieder aussteigen will, sagt man dem Fahrer: „Links, links“ und steigt aus.
Linksverkehr, übrigens! Sehr gefährlich, wenn man ihn nicht gewohnt ist. Ich schaue immer noch falsch und bin schon ein paar Mal von Motorradfahrern böse angefunkelt worden, weil sie meinetwegen ausweichen mussten.

Und dann müssen wir Otek fahren. Oteks sind Motorradtaxis. Mit Kamikaze-Fahrern oben drauf, hatte ich bereits erwähnt. Kostet 3000 Rupien und sie fahren einen überall da hin, wo Autos nicht hinkommen und keine Busse fahren.
Wir steigen also jeweils hinter den Kamikazefahrer auf ein Otek, und der braust los. In einem Höllentempo. Und natürlich finden die beiden Fahrer es unglaublich witzig, ein bisschen um die Wette zu fahren, schließlich haben wir beide das gleiche Ziel.

Wir werden mit großem Hallo empfangen, alles läuft zusammen und schaut, als wir steif von den Oteks klettern. Aber es hat eigentlich ziemlich Spaß gemacht.

Mimi freut sich über die Babyorchidee, die ich im Orchideenhaus für sie erstanden habe, sie fehlt noch in ihrer Sammlung.

Ausnahmsweise fallen Julia und ich nicht ins Bett, sondern stolpern in die Dusche, da für Abends Besuch angekündigt ist. Davon bald mehr.

 

 

 

Bogor I

Nach den anstrengenden Tagen in Jakarta fahren wir zu der Familie von Tiwi, Julias Indonesischlehrerin, nach Bogor. Bogor ist eine kleine Stadt im Speckgürtel von Jakarta, und dort gefällt es uns schon deutlich besser als in Jakarta.
Rochim, der Vater und Tiwis Burder, holt uns mit dem Taxi vom Hotel ab. Das überrascht Julia und mich ein wenig, weil er schrieb, dass er uns „mit dem Auto“ abholen würde, wir dachten, er meint sein eigenes Auto.
Immerhin ist das Taxi keines der teuren Bluebird-Taxis, sondern ein „böses“ Taxi, ein sogenanntes Express.Das kostet weniger, ist aber trotzdem recht zuverlässig. Der Fahrer sah jedenfalls nicht so aus, als würde er uns klauen oder abmurksen wollen.
Wir stauen uns die Autobahn entlang Richtung Bogor, fast zwei Stunden lang. Zwei Stunden lang in Deutschland Taxi fahren, das wäre unbezahlbar. Transportmittel sind hier um ein vielfaches günstiger…

Während der Fahrt plaudern wir ein wenig mit Rochim, er spricht erstaunlich gut Deutsch, fließend, versteht (fast) alles, was wir sagen, und hat nur einen schwachen Akzent. Julia und ich sind ziemlich beeindruckt.
Noch eine Sache lernen wir während der Taxifahrt: Ich habe mich gewundert, warum so viele Frauen mit Kleinkindern am Straßenrand stehen, und was die dort machen. Fahren die etwa alle per Anhalter?
Rochim klärt uns auf, denn in Jakarta darf man zu den Rush-Hour-Zeiten nur Auto fahren, wenn mindestens drei Personen im Auto sind, um den Verkehr zu reduzieren.
Die Frauen mit den Kindern zählen als zwei Personen, und wenn nun jemand mit dem Auto in Jakarta fahren möchte, und alleine oder zu zweit im Auto sitzt, kann er sich so jemanden „mieten“. Der fährt dann im Auto mit und bekommt Geld dafür. Die Polizei duldet diese Praxis, was bleibt ihr auch anderes übrig. Nach Ablauf der Stoßzeiten laufen die Frauen mit Kind (oder vereinzelt auch Jugendliche) wieder nach Hause.

Der Weg nach Bogor führt uns durch kleine Siedlungen mit typisch asiatisch-ländlichem Charakter: Dreck, Müll, Kinder in zerrissener Kleidung und Erde in den Haaren, minikleine Häuser und ziemlich heruntergekommene Fassaden, dazwischen hohe Zäune und dahinter neue Villen mit strahlend polierten Vorgärten. Auf den Straßen sind Unmengen von Motorrädern unterwegs, das ist für uns kaum vorstellbar. Wirlich Unmengen. Auf ein Auto kommen vielleicht ein dutzend Motorräder, wenn überhaupt, eher mehr. Was auch logisch ist, denn Autos sind teuer und Motorräder kommen in dem Verkehraufkommen mit Chaos und Stau schneller voran.

Neben den Unmengen von Motorrädern werden die Straßen zudem hauptsächlich von Taxis und riesigen Geländewägen befahren. Kleinwagen und alte Autos sieht man kaum, nur die enormen Schlachtschiffe mit Allradantrieb vom Typ Porsche Cayenne oder BMW X5, allerdings als asiatisches Modell. Den Allradantrieb braucht man auch, das werden Julia und ich noch lernen. Und alle Geländewägen haben verdunkelte Scheiben rundherum. Die Frontscheibe ist abgedunkelt, der Rest der Fenster so dunkel, dass man nicht hineinsehen kann. Keine Chance, rabenschwarz.Und das, obwohl Indonesien eigentlich ein recht sicheres Land ist.

Während wir also durch die Siedlungen zuckeln und immer wieder von Kamikaze-Motorradfahrern (in europäischen Maßstäben gemessen) mit waghalsigen Überholmanövern schockiert werden (ich werde selbst noch auf so einem Kamikaze-Ding mit einem todeswütigen Fahrer fahren… SPOILER), frage ich mich mehr und mehr, wie Rochim wohl wohnt und auf was wir uns da einlassen. Denn wir wollen unter gar keinen Umständen unseren Gastgebern zur Last fallen, weder finanziell noch irgendwie räumlich, dass sie dann kein Schlafzimmer mehr für sich haben oder solche Späße, die ich schon aus China kenne.
[Damals habe ich nach ein paar Tagen gemerkt, dass meine Gastmutter auf dem Boden in der Wohnküche schlief, während ich ihr Schlafzimmer zusammen mit der Tochter zur Verfügung hatte — da habe ich mich schlecht gefühlt, wie man sich sicher vorstellen kann.]

Als wir jedoch in ein Viertel mit Schranke davor und Securities fahren, bin ich ziemlich erleichtert. Und noch erleichterter, als wir Rochims Haus sehen. Hinter einem hohen Zaun, der aber nur aus Gitterstäben und nicht aus einem Stahltor besteht, liegt ein nagelneuer Häuserkomplex aus zwei durch einen großzügigen Wohnraum miteinander verbundenen Häusern.
Mein schlechtes Gewissen flammt noch einmal auf, als Rochim darauf besteht, die Taxirechnung zu bezahlen; das waren fast 16 Euro, das ist eine Menge Geld für eine indonesische Familie, auch für eine reiche.

Wir werden ein wenig schüchtern und steif, aber trotzdem sehr herzlich empfangen. Rochim führt uns stolz durch den unteren Teil des Hauses, im Oberen sind vermutlich die Schlafzimmer, die bekommen wir nicht zu sehen. Die Möbel sind allesamt neu und sehen ziemlich teuer aus, der Stil typisch javanisch. Dunkles, schweres Holz, Schnörkel. Und überall die von mir aus Stilgründen völlig abgelehnten Häkeldeckchen. Alles, was irgendwie hässlich sein könnte, also Taschentuch-Packungen, Wasserspender, Teeschachteln oder Mülleimer, wurden liebevoll in zartes Häkelgewebe gehüllt. Yeah, Baby! Ich liebe das!
Na egal, die Asiaten stehen auf Plüsch und ich muss es ja nicht mein ganzes Leben lang ertragen. Julia und ich bekommen ein Gästezimmer mit eigenem Bad zur Verfügung; das Bad ist nagelneu, allerdings weißt Rochim uns darauf hin, dass die Klospülung kaputt ist. (Ich werde mich in einer ruhigen Minute hinsetzen und das halbwegs reparieren. Jetzt geht die Spülung wieder, allerdings nur, wenn man mit sehr viel Gefühl drückt. Wenn man zu fest auf den Schalter drückt, fliegt alles wieer auseinander…) Außerdem gibt es nur kaltes Wasser (wieso sollte man bei durchschnittlich 30 Grad auch warm Duschen wollen?) und keine separate Dusche, sondern den Schlauch mit Duschkopf aus der Wand und dem Abfluss am Boden. Zudem gibt es kein Waschbecken. Das wird noch witzig werden, wie Julia und ich uns beim Zähneputzen anstellen. Denn der Abfluss unter der Dusche ist der einzige im Bad.
Unser schlechtes Gewissen lindert sich also zusehends ob des schicken Hauses.

Wir werden mit Tee, Keksen und Obst versorgt, während uns stolz die Hochzeitsfotos, die Großmutter Mimi (Mater matrona est), die Ehefrau Itci (sehr lieb, aber ein bisschen schüchtern) und die Kinder präsentiert werden. Die sind aber auch wirklich süß. zwei Jahre und vier Monate alt.
Und sie haben einen Heiden-Respekt vor Julia und mir, den komischen weißen. Im Kulturschock-Indonesien-Buch steht, dass den Kindern Geschichten erzählt werden, in denen die Kinder, wenn sie nicht brav sind, von Weißen geholt und aufgegessen werden. Vielleicht deswegen beäugen uns die beiden sehr skeptisch.

Dann gibt es Abendessen, wir sind sehr unsicher und wissen nicht so genau, was wir wie machen sollen. Aber da Essen ist sehr gut, traditionell indonesisches Gemüse, Rindfleisch, Reis und Sojataschen frittiert. Danach unterhalten wir uns noch ein wenig, dann plant Rochim mit uns noch ein wenig die Reiseroute und anschließend fallen Julia und ich ziemlich tot ins Bett.

Jakarta Teil 2

An unserem vorerst letzten Tag in Jakarta ist das Wetter vormittags eher bescheiden, es regnet. Wir checken aus, dann fahren wor mit dem Taxi ins Nationalmuseum, in dem viele kulturgeschichtlich interessante Sachen ausgestellt sind. Im neuen Flügel sind die schönsten Exponate liebvoll beschrieben und ausgestellt, im alten Teil jedoch herrscht ziemliches Chaos. Die Sammlung ist dennoch beeindruckend, die Schatzkammer ein Traum, vor allem für die Gold-und-Glitzer-Caro. Wäre ich eine Elster, ich hätte da so einiges mitgenommen.
Spaß beiseite.

Danach laufen wir zum Nationaldenkmal, einer über hundert Meter hohen Säule aus weißem, italienischem Marmor. Im Park davor machen wir kurz Rast und werden zum ersten Mal von einem Indonesier komisch angequatscht. Er will Geld, weil er Hunger hat, er sieht aber in seinem gestreiften Polohemd, auf dem markantes grünes Krokodil prangt, der sauberen Kleidung und dem gepflegten Äußeren gar nicht arm aus. Deswegen ignorieren wir ihn, und, da er uns nicht in Ruhe lässt, packen nach einer Weile unsere Sachen zusammen und gehen.
Durch die brütende Hitze laufen wir zu dem Denkmal, eine Straße entlang und über einen riesigen Platz davor, auf dem kein Baum steht, nichts, was Schatten spendet. Auf jeden Quadratzentimeter brennt die sengende Sonne herunter, es ist unglaublich heiß. Wirklich unglaublich.
Wir müssen auch noch das Denkmal umrunden, weil der Eingang auf der anderen Seite ist. Als wir im Halbschatten eines Ticketschalters ankommen, läuft uns das Wasser in Strömen herunter. Es war wirklich Wahnsinn. Wasser hatten wir zu dem Zeitpunkt auch keines mehr. Fantastisch. Ich liebe das.

Wir schauen uns noch das Denkmal ein bisschen an, allerdings nur oberflächlich, da es bald schließt. Auf der Plattform unterhalb der Säule ist eine schattige Stelle mit viel Wind, Julia und ich stellen uns dort hin und lassen uns anwehen. Das hilft ein wenig gegen die Hitze, aber klatschnass geschwitzt sind wir trotzdem.

Anschließend geht es durch die segende Hitze über flirrenden Asphalt zurück zum Bahnhof, wo wir uns in ein Taxi setzen und zurück zum Hotel fahren. Dort wird uns Rochim, der Vater der Familie in Bogor, die wir die nächsten Tage besuchen werden, abholen. Zudem haben wir klugerweise unser Gepäck dort gelassen. Das halbe Hotel ist vollgestopft mit Weißen Touristen, als wir dort ankommen, der Kleidung und den Bierbäuchen nach zu schließen, Deutsche… Tut mir Leid…
Wir trinken schnell was und bestaunen durch die Schaufensterartige Scheibe der Lobby die Neuankömmlinge, die mit blasser Haut, kurzen Hosen und schulterfreien Tops mit tiefem Ausschnitt in der prallen Sonne am Pool stehen. Hallo Sonnenbrand!
Also ich würde mich als Frau nicht trauen, so freizügig in Jakarta herumzulaufen. Das traue ich mich ja nicht mal im Hotel. Schulterfrei! Skandal!
Spaß beiseite.

Und wir haben schon überlegt, ob wir uns verschleiern müssen. Tss, tss.

Update

Nachdem Julia und ich die letzten Tage viel unterwegs waren und kein Internet hatten, gibt es in den nächsten Tagen nach und nach die entsprechenden Artikel. Ich muss die neuen Einträge immer zuerst offline schreiben und dann durch die Leitung stopfen, das dauert hier alles ein bisschen länger. Und ich komme mal wieder nicht zum Schreiben, weil wir viel in der Stadt herumlaufen und Sachen anschauen. Nur wenn es regnet, habe ich Zeit für meine Caroten. Abends sind Julia und ich immer ziemlich erledigt…

Fotos gibt es auch bald. Pelan-pelan, nur Geduld.
Aber es gibt schon was für euch, los gehts mit Jakarta 2 und der Reise nach Bogor!

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