Eindrücke aus China

Zwei kleine Gedichte, die ich während meiner ersten Reise durch China geschrieben habe. Die chinesische Mauer oder die „Große Mauer“, wie sie auf Chinesisch heißt, ist ein sehr beeindruckendes und monumentales Baumwerk. Als wir dort zum ersten Mal waren, hing grauer Nebel tief über den Bäumen, es war Herbst, die Landschaft eine Mischung aus Grün-, Grau– und Braun-Tönen. Man konnte die feinen Wassertropfen fast schon auf dem Gesicht spüren.

Ein Teil der Mauer ist restauriert, auf diesem Teil kann man herumlaufen, wie es die meisten Menschen tun, oder spazieren gehen und die atembreaubende Landschaft bewundern.

Es gibt Pfade, die von der Mauer weg in die Wälder führen, oder unten an der Mauer entlang, wir hatten ein wenig Gelegenheit, sie zu erkunden. Die Natur ist fantastisch. Die Autofahrt von Peking aus zur Mauer führt auf teilweise schmalen Bergstraßen durch Täler, an Abhängen entlang, die Stimmung war unglaublich. Unsere Gruppe war verzaubert von der Schönheit der Landschaft und der teilweise noch unberührten Natur.

Ein Mädchen aus unserer Gruppe hat zudem noch für mehr melancholische Stimmung gesorgt, denn sie hat uns am Morgen in aller Frühe, vor der Abfahrt einen Ohrwurm eingepflanzt, der viele von uns nicht losließ: Comptine d’un autre été aus Die fabelhafte Welt der Amélie Poulain. Sie hat das Stück auf dem Klavier nur so vor sich hin gespielt, aber als wir auf der Mauer und durch die Natur dort liefen, entfaltete sich die Stimmung des Stückes erst richtig.

Diese Chinareise hat mich ziemlich verändert, ich war sehr jung und mit einer völlig anderen Welt konfrontiert. Auf dieser Reise habe ich zwei meiner späteren besten Freunde kennen gelernt, eine von ihnen ist heute noch eine sehr gute Freundin von mir, zur anderen habe ich mittlerweile durch ihr Studium in einem anderen Land den Kontakt verloren. Wie das Leben so spielt.

Außerdem habe ich in diesen zwei Wochen in China mein erstes richtiges Gedicht geschrieben, welches ich auch noch in einer Schublade herumliegen habe und demnächst vielleicht hier veröffentlichen werde.  Die beiden Gedichte, die unten verlinkt sind, gehören also zu den ersten, die ich geschrieben habe.

 

Chinesische Mauer

Nebelschwaden
Wald
Berge
kalte Luft.
Steine
tausende von Kilometern lang
durchziehen den Nebel
wie ein Vorhang
trennen Welten.
Steine,
die von ihrem Leben erzählen.
Erzählen
von Sonnenstrahlen,
die die Mauer erwärmen,
von Regen,
der auf sie fällt,
von Nebel,
der über ihr hängt,
von Stille.
Die Mauer
hoch
dick
stark
unüberwindbar,
aber steinern
kalt
einsam.
Doch
lebendig
warm
wissend.
Wissen
über die Welten
die sie trennt.
Ein grauer Schleier
in den Bergen
unüberwindbar
unwirklich
weise.

Caroline Schleibinger, September 2004

 

Chinesische Mauer II

Menschen
auf der Mauer.
Gehen
über die Steine
ohne sie zu sehen.
Gehen
durch ihre Geschichte
ohne sie zu verstehen.
Menschen,
die laufen,
die gehen,
die sehen.
Doch sie
verstehen nichts
von den Steinen,
die gesehen haben,
wie Menschen
gebaut haben
gekämpft haben
gestorben sind.
Sie sehen
die Mauer
die Sensation.
Doch
dazwischen
Menschen
barfuß.
Mit Kontakt
zu den Steinen.
Sie berühren die Steine
sie fühlen die Steine.
Sie wollen verstehen.
Und
die Mauer
sieht sie
und lacht.

Caroline Schleibinger, September 2004

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