Wir bleiben noch einen weiteren Tag in Bandung und schauen uns zu Fuß die Stadt an. Bandung ist für Indonesier die Shopping– und Modehochburg, wir bekommen davon ein bisschen etwas mit in der Innenstadt. Besonders schön ist die Stadt ansonsten leider nicht, sogar ziemlich langweilig. Ich lerne allerdings, dass es hier üblich ist, auf die leckeren Fruchstückchen im Obstsalat Mayo-Dressing daraufzugeben. Uah.
Man kann hier aber für wenig Geld relativ gut essen, und die Preise werden auch, im Vergleich zu Jakarta und Bogor, immer günstiger, je weiter wir nach Zentraljava kommen.
Am nächsten Morgen geht es in der Früh weiter nach Pangandaran, das angeblich schönste Strandgebiet in Java. Angeblich. Zum Thema Probleme in Indonesien, die mir aufgefallen sind, wird es noch einen eigenen Tagebucheintrag geben.
Die Fahrt nach Pangandaran schwankt zwischen lustig und katastrophal, denn der Bus ist ziemlich alt und durchgerostet. Federung? Von wegen. Die Straßen in Westjava sind teilweise in katastrophalem Zustand, die Schlaglöcher einen halben Meter tief, doch der Bus brettert darüber hinweg, durch geschlossene Ortschaften mit 100 km/h, kein Thema. Wir werden durch den halben Bus geschleudert, es knarzt und quietscht und hört sich an, als würde gleich alles auseinanderfallen. Außerdem kann man zwischen unseren Sitzen auf die Straße schauen, die unter uns hinwegdonnert. Von ein paar Zeitungsteilen habe ich mich da schon verabschiedet, auf den Sitz gelegt, schwups und weg.
Dass der Motor extrem laut ist und man sein eigenes Wort nicht mehr versteht, geschweige denn Musik hören kann, versteht sich von selbst. Am Anfang finden wir das ganze lustig, Julia und ich würzen die Schaukelfahrt mit „Tritt drauf, Ernie!“-Rufen. Der Fahrende Ritter aus Harry Potter, ungefähr so haben wir uns gefühlt. Wie im Fünferlooping.
Und das ganze über sechs Stunden lang, immerhin aber nur für 35.000 Rupien, also etwa drei Euro. Wir waren nervlich ziemlich am Ende danach. Bei dem Lärm und vor allem dem Geruckel, bei dem man teilweise einen halben Meter hoch aus dem Sitz geschleudert wird und dann ächzend wieder zurückplumpst, ist das auch schlecht möglich.
Wir haben irgendwann nur noch unsere Sachen festgeklammert und gehofft, dass nichts aus den Rucksäcken auf den Boden oder die Sitze fällt und in den Spalten in Richtung Straße auf Nimmerwiedersehen verschwindet.
Und das ganze sechs Stunden lang. Alle Stunde etwa halten wir in irgendeinem Kaff, dann schleusen sich zwanzig Leute durch den engen Bus, um dir alles mögliche anzudrehen: Erdnüsse, Obst und Kekse, Wasser, Comics (es hat sie gar nicht gestört, dass ich kein Indonesisch spreche und damit mit Indonesischen Comics nicht besonders viel anfangen kann…), Kassetten (ja, genau, diese alten Teile), Tiere. Und eine Schwung Musikanten versüßt uns auch jedes Mal die Pause; eine Mitreisender meint, dass das faszinierende ist, dass Asiaten, wenn sie nicht singen können, nur noch umso lauter singen, und dabei einen Heidenspaß haben.
Bitte nicht falsch verstehen, wir hatten auch einen Heidenspaß mit denen, aber einmal, vielleicht zwei Mal, wenn man sechs Stunden lang von hartnäckigen Gitarristen mit Tonhöhen-Hörproblem und Drei-Akkord-Geklampfe belästigt wird, reicht es irgendwann. Wirklich.
Völlig fertig erreichen wir am späten Nachmittag Pangandaran, es ist unglaublich heiß. Wir laufen in der prallen Sonne den Ort entlang, auf der Suche nach einem Hotel. Man ist ziemlich beschäftigt, die ganzen Otek-Fahrer abzuwimmeln, die einen unbedingt in ein Hotel fahren wollen, weil sie eine mächtige Kommission dafür kassieren. Es ist kompliziert, ihnen mit hochrotem Kopf, saftigen Augenringen und einem vollgestopften, 15-Kilo-Rucksack auf dem Rücken klarzumachen, dass man bei 40 Grad doch lieber laufen möchte, das könnt ihr mir glauben.
Wir finden dann auf Empfehlung eines Schweizer Ehepaares ein ganz putziges, sehr spartanisches Hotel namens Komodo Island. Der Besitzer ist Deutscher Backpacker der Alten Schule und plaudert aus dem Nähkästchen, wir erfahren viele interessante Dinge über Java und Bali.
Und das Hotel ist endlich mal günstig, nachdem wir das völlig überteuerte in Badung hatten, das Herry uns ausgesucht hat und gegen das wir uns leider nicht wehren konnten. 38 Dollar für ein Minizimmer mit siffigem Bad und kaputter Klimaanlage, zum Frühstück zwei Scheiben Toast mit Marmelade und ein Glas Tee, das wars. Für 38 Euro bekommt man in Europa eine luxuriöse Jugendherberge, mindestens. Aber naja.
Jetzt haben wir Glück, das Zimmer entspricht unseren Ansprüchen (sauberes Bad, Bettdecke ohne komische Flecken, keine Wanzen und nur eine fette Kakerlake im Schrank, Fan), zum Frühstück gibt es Pfannkuchen mit Schokosauce und einer ganzen Banane innen drin! Und Kaffee und Tee so viel man mag, juchu!
Nun beginnen fünf (relativ) entspannte Tage am Meer. Vorher entrußen wir allerdings noch unseren Rucksack und uns selber. Ich habe von der Busfahrt in dem alten Knatterbus schwarze Schichten von Dreck auf meiner Haut und meiner Kleidung, Verfärbungen unter den Fingernägeln, die erst nach Tagen wieder weggehen, und die Dosis an Feinstaubbelastungen für fünf Jahre in sechs Stunden abbekommen. Kennt jemand die Kinder von Bullerbü, wie sie an der Straßen tanzen und über den „herrlichen Staub“ jubeln, der auffliegt, wenn Autos vorbeifahren? Und wie sie danach einen Wettstreit austragen, wer schwärzer (Verzeihung) Rotzen kann? Ja?
Ungefähr so.