7.

Als ich um fünf vor halb acht vor dem Kino ankam, stand eine Menschentraube vor dem Eingang.
Unzählige Journalisten prügelten sich um die vordersten Plätze, alle paar Minuten hielt eine Limousine vor dem Eingang und irgendein Schauspieler, anderer Mitwirkender oder Premierengast, was ich im übrigen auch war, wie mir klar wurde, stieg aus.
Ein Angestellter des Sicherheitsdienstes klopfte an meine Scheibe an der Beifahrertüre. Ich ließ sie herunter.
„Ja?“, fragte ich.
„Entschuldigen Sie, Sie können hier nicht parken... oh!“, sagte er.
„Hi“, antwortete ich.
„Hallo Vera. Was machst du denn hier?“
„Einen Parkplatz suchen.“
„Hier kannst du jedenfalls nicht parken, heute ist hier eine Premiere und wenn du hier stehen bleibst, muss ich dich aus Sicherheitsgründen in Gewahrsam nehmen, du könntest so ein Stalker sein. Der Jason McCarthy bestalkt, haha.“ Er musste lachen.
„Ähm... ich will da eigentlich rein“, meinte ich schüchtern.
„Bitte? Was? Du kannst da nicht rein! Nicht mal ich kann da rein!“
„Ich habe eine Einladung, und eine Karte“, meinte ich und strahlte ihn an.
„Was?“, fragte er und sah mich ungläubig an.
„Mhm“, meinte ich und nickte.
„Dann fahr deine Karre hier weg und parke sie bei den anderen VIP-Kutschen“, grummelte er.
„Und... wo parken die?“, fragte ich ihn mit einer meine Unwissenheit unterstreichenden Handbewegung.
„Fahr einfach dem Auto da vorne nach“, erklärte er und deutete auf eine weiße Limousine, die gerade vor den Eingang gefahren war. Eine Gestalt schwebte heraus, über den roten Teppich in die Vorhalle. Die Kameras der Fotografen blitzten auf.
Etwas genervt ließ ich die Fensterscheibe hochfahren und folgte der Limousine.

Ich kam tatsächlich dort an, wo ich hinwollte, in der Parkgarage am Salvatorplatz. Und ich fühlte mich ein wenig unwohl zwischen den vielen Fahrern, die aus den Autos ausstiegen, sich zu Grüppchen zusammenstellten und sich unterhielten.
Unschlüssig stand ich vor meinem Wagen und sah mich um, dann ging ich zu einer Gruppe Fahrern in der Nähe und stellte mich zu ihnen.
„Entschuldigen Sie bitte, Sie hielten doch eben gerade am Filmcasino.“
Ein paar von ihnen nickten.
„Also, ich hätte da eine Frage... wie kommt man denn in das Kino?“ Unschlüssig sah ich sie an.
„Über den Eingang“, lautete die Antwort.
„Danke, und wo befindet sich der genau?“
„Sie sind mir ja eine! Oben, da wo wir alle gehalten haben. Am Eingang eben.“
„Ich meinte den Hintereingang“, erklärte ich.
„Was wollen Sie denn am Hintereingang? Sind sie vom Personal?“ Sie sahen mich alle verständnislos an.
„Nein, aber ich würde gerne in die Kinos, ohne an den Leuten vorbei zu müssen...“ Warum begriffen die nicht, was ich wissen wollte?
„Sagen Sie das doch gleich! Da gehen Sie in den Hofgarten und dann ist da so eine Glastüre rechts, genau gegenüber vom Eingang, da müssten sei reinkommen. Da steht jemand und fragt Sie nach der Karte, aber passen Sie auf und seien Sie höflich zu dem, der ist bewaffnet.“
„Aha.“ Ich schluckte ein wenig.
„Und beeilen Sie sich, die fangen gleich an.“
Ich nickte schnell und wandte mich zum Gehen.
„Aber zehn Minuten Verspätung sind normal“, rief mir jemand hinterher.
Ich hastete zum Parkhaus hinaus, die Straße entlang in den Hofgarten.
Nach dieser Beschreibung fand ich schnell den Hintereingang und klopfte zaghaft an die Glastür. Als sie sich öffnete, baute sich ein schwarz gekleideter Security vor mir auf.
„Karte?“, knurrte er. Ich sah an ihm hinunter. Ein Schlagstock baumelte am Gürtel, daneben Handschellen und eine Pistole.
„Äh“, sagte ich schnell und kramte meine Einladung heraus.
Ich fand sie und hielt sie ihm unter die Nase, wobei ich mich ziemlich strecken musste, er war etwa doppelt so groß wie ich. Er warf einen Blick darauf, drehte sich um und rief: „Walter! Komm mal her!“ Walter kam, zumindest fühlte sich derjenige angesprochen. Er trug einen schwarzen Anzug und einen Knopf eines Funkgerätes im Ohr und sah schon deutlich freundlicher aus.
Der Security hielt ihm meine Einladung entgegen und zog eine Augenbraue hoch.
Als er ebenfalls einen Blick darauf geworfen hatte, hellte sich seine Miene bedeutend auf.
„Einen schönen guten Abend“, meinte er und bedeutete mir mit einer Hand, voranzugehen, „warum kommen Sie denn durch den Hofgarten? Hätten Sie uns etwas gesagt, wir hätten sie selbstverständlich durch den Haupteingang hereingelassen.“ Er lächelte freundlich.
„Nein, nein“, wiegelte ich ab, „das ist schon in Ordnung so.“
Ich sah mich um. Es war bereits recht leer auf den Gängen, vereinzelt sah man noch einen Security herumeilen. In der Luft hingen Gerüche teurer Parfums, die auch zusammen als Mischung noch angenehm rochen. „Hier entlang“, meinte er und wies zu einer schweren Tür, hinter der sich ein Treppenhaus verbarg. Ich hatte keine Ahnung, wo ich mich im Moment befand.
Ich lief ihm hinterher, er öffnete zwei Türen, dann fand ich mich plötzlich im Inneren eines Kinosaals wieder.
„Ähm“, sagte ich, doch er glitt unauffällig an mir vorbei und stieg die Stufen hinauf. Er führte mich durch die Sitzreihen an einen leeren Sessel, bedeutete mir, Platz zu nehmen und schlich sich davon, nicht ohne mir die Karte wieder unauffällig in die Hand gedrückt zu haben.
Ich warf einen Blick auf die Uhr. Drei Minuten nach halb acht.


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